Sie sehen einen Platzhalter von Vimeo. Durch das Entsperren werden Daten an Drittanbieter weitergegeben.
Mehr InformationenBig-Five
Big Five: Persönlichkeitsmerkmale als stabile Dimensionen menschlichen Verhaltens
Das Big-Five-Modell zählt zu den international etablierten Konzepten der Persönlichkeitspsychologie. Seine theoretische Fundierung geht auf lexikalische Analysen in den 1930er Jahren zurück, systematisch ausgearbeitet wurde es in den 1980er Jahren – unter anderem durch Lewis Goldberg sowie Costa und McCrae. Es beschreibt fünf übergreifende Persönlichkeitsdimensionen, die als relativ stabil gelten und kulturübergreifend nachgewiesen wurden:
- Offenheit für Erfahrungen (Openness): beschreibt Neugier, Kreativität, Reflexionsfähigkeit
- Gewissenhaftigkeit (Conscientiousness): umfasst Zielstrebigkeit, Selbstdisziplin, Verlässlichkeit
- Extraversion: bezieht sich auf Geselligkeit, Energie, Durchsetzungsfähigkeit
- Verträglichkeit (Agreeableness): steht für Kooperationsbereitschaft, Empathie, Rücksichtnahme
- Neurotizismus (Emotional Stability – negativ gepolt): beschreibt emotionale Labilität, Stressanfälligkeit, Unsicherheit
Das Modell bietet keine Typologie, sondern ein dimensionsbasiertes Verständnis: Jede Person lässt sich auf einem Kontinuum zwischen den Polen einordnen. Es geht nicht um Bewertung, sondern um Beschreibung stabiler Verhaltensneigungen. In der psychologischen Diagnostik, Forschung und zunehmend auch im organisationalen Kontext dient das Modell der Einschätzung individueller Präferenzen, Kommunikationsstile oder Entwicklungsfelder.
Beispiel aus dem Führungsalltag
In einem Unternehmen wird ein interdisziplinäres Projektteam zusammengestellt. Die Projektleitung ist fachlich stark, aber im Umgang mit divergierenden Meinungen eher zurückhaltend. Im Team treffen unterschiedliche Persönlichkeitsprofile aufeinander: Eine Kollegin bringt permanent neue Ideen ein (hohe Offenheit), ein anderer fokussiert stark auf Struktur und Termine (hohe Gewissenhaftigkeit), ein dritter reagiert empfindlich auf Kritik und Unsicherheit (ausgeprägter Neurotizismus).
Statt Konflikte auf der Sachebene auszutragen, erkennt die Projektleitung die unterschiedlichen Persönlichkeitsprofile als Ressource und beginnt, Meetings so zu gestalten, dass sowohl kreative Impulse Raum bekommen als auch strukturierte Planungssicherheit gegeben ist. Emotionale Reaktionen werden nicht als Störung verstanden, sondern als Hinweis auf individuelle Bedürfnisse. Damit wird nicht das Persönlichkeitsprofil verändert, sondern der Umgang damit professionalisiert.
Die Big Five bieten Führungskräften kein Rezept, aber ein differenziertes Raster, um Verhalten, Kommunikation und Teamdynamiken besser einzuordnen. In reflektierter Anwendung unterstützen sie, unterschiedliche Arbeitsstile nicht zu bewerten, sondern gezielt zu integrieren.
Quelle
Costa, P. T., & McCrae, R. R. (1992). Revised NEO Personality Inventory (NEO-PI-R) and NEO Five-Factor Inventory (NEO-FFI) professional manual. Odessa, FL: Psychological Assessment Resources.