Zum Hauptinhalt springen

Sie sehen einen Platzhalter von Vimeo. Durch das Entsperren werden Daten an Drittanbieter weitergegeben.

Mehr Informationen

Psychologische Sicherheit

Zuletzt aktualisiert am 24. Juni 2025

Psychologische Sicherheit: Der soziale Boden für Lernen und Zusammenarbeit

Das Konzept der psychologischen Sicherheit wurde 1999 von Amy Edmondson an der Harvard Business School theoretisch fundiert und empirisch untersucht. Es beschreibt den geteilten Glauben innerhalb eines Teams, dass man zwischenmenschliche Risiken eingehen kann, ohne soziale Sanktionen befürchten zu müssen. Wer psychologische Sicherheit erlebt, kann sich äußern, hinterfragen, Fehler eingestehen oder ungewöhnliche Ideen einbringen, ohne Angst, dafür beschämt, zurückgewiesen oder übergangen zu werden.

Im organisationalen Kontext ist psychologische Sicherheit ein zentraler Faktor für Teamleistung, Innovationsfähigkeit und Lernbereitschaft. Sie ersetzt nicht Kompetenz oder Struktur, sondern bildet die Voraussetzung, damit beides wirksam werden kann. Entscheidend ist dabei nicht, dass sich alle immer wohlfühlen, sondern dass sie sich in der Lage sehen, auch schwierige Themen offen anzusprechen.

Psychologische Sicherheit ist kein Komfortversprechen. Sie steht nicht für Harmoniesucht, sondern für die Möglichkeit, produktive Spannung auszuhalten. Teams, die sich sicher fühlen, können Unterschiede benennen, Irritationen aushalten und dadurch kollektive Intelligenz entfalten. Teams ohne psychologische Sicherheit vermeiden Risiken, nicht aus mangelndem Interesse, sondern aus Angst vor negativen sozialen Folgen.

Ein Beispiel aus der Führungspraxis: In einer Videokonferenz äußert ein Teammitglied sachlich Kritik an der Umsetzung eines Projekts. Die Führungskraft reagiert irritiert und sagt, dies hätte im Vorfeld eingebracht werden sollen. Die Folge: Schweigen im weiteren Verlauf. Die Rückmeldung war da, wurde jedoch durch die Reaktion abgewertet. Das Projekt läuft weiter, aber ohne die Perspektiven, die für Verbesserung notwendig gewesen wären.

Psychologische Sicherheit hätte in diesem Fall bedeutet, die Äußerung ernst zu nehmen, nachzufragen und Beteiligung zu würdigen. Gerade in hybriden oder dynamischen Arbeitsumgebungen ist es Aufgabe von Führung, Räume für Offenheit bewusst zu gestalten. Nicht jedes Risiko ist inhaltlich tragfähig, aber jedes offene Wort ist ein Indikator für das soziale Klima. Wer führen will, muss nicht alles wissen, aber Unsicherheit als gemeinsame Ressource nutzbar machen.

Quelle

Edmondson, A. (1999). Psychological safety and learning behavior in work teams. Administrative Science Quarterly, 44(2), 350-383.