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Transtheoretisches Modell (TTM)

Zuletzt aktualisiert am 24. Juni 2025

Veränderung als Prozess: Das Transtheoretische Modell von Prochaska und DiClemente

Das Transtheoretische Modell der Verhaltensänderung, entwickelt von James O. Prochaska und Carlo C. DiClemente (1983), versteht Veränderung nicht als punktuelle Entscheidung oder einmaliges Ereignis, sondern als psychologisch strukturierte Abfolge von Stadien. Ursprünglich aus der Forschung zur Raucherentwöhnung hervorgegangen, hat sich das Modell in zahlreichen Anwendungsfeldern etabliert, etwa in der Gesundheitspsychologie, in Beratungsprozessen und zunehmend auch in organisationalen Kontexten.

Im Zentrum des Modells steht die Annahme, dass sich Menschen in Bezug auf eine bevorstehende oder gewünschte Veränderung in unterschiedlichen Stadien befinden können. Jedes Stadium erfordert spezifische Formen der Ansprache und Unterstützung. Die Dynamik der Veränderung verläuft dabei nicht linear, sondern spiralartig, mit möglichen Rückfällen, Wiederaufnahmen und Stabilisierungsschritten.

Die sechs Stadien des Modells lassen sich wie folgt beschreiben:

  1. Precontemplation (Keine Absicht): Die betroffene Person erkennt keine Notwendigkeit zur Veränderung. Häufig werden Problemanzeichen externalisiert oder relativiert. Information und Reflexionsanlässe stehen hier im Vordergrund.
  2. Contemplation (Nachdenken): Erste Ambivalenz taucht auf. Die Vorteile und Nachteile einer Veränderung werden abgewogen, ohne dass bereits eine Entscheidung getroffen wurde. Dialog, Empathie und Raum für Unsicherheit sind zentrale Führungsaufgaben in dieser Phase.
  3. Preparation (Vorbereitung): Die Bereitschaft zur Veränderung konkretisiert sich. Erste Planungsschritte werden erwogen oder initiiert. In dieser Phase wirken ermutigende, pragmatisch unterstützende Maßnahmen besonders wirkungsvoll.
  4. Action (Handlung): Die Veränderung wird aktiv vollzogen. Neue Verhaltensweisen werden ausprobiert und etabliert. Hier sind Rückhalt, Feedback und die Möglichkeit zur Reflexion zentral, um Unsicherheiten aufzufangen.
  5. Maintenance (Aufrechterhaltung): Die neu etablierten Muster sollen verstetigt und integriert werden. Die Herausforderung besteht darin, Routinen zu festigen und Rückfällen vorzubeugen, ohne rigide Kontrolle auszuüben.
  6. Relapse (Rückfall): Rückfälle werden nicht als Scheitern gewertet, sondern als Teil des Gesamtprozesses. Die Rückkehr in frühere Phasen ermöglicht erneute Klärung, ohne den Veränderungsimpuls grundsätzlich in Frage zu stellen.

Für Führungskräfte bietet dieses Modell eine praxisnahe Orientierung im Umgang mit Veränderungsvorhaben.

Ein Beispiel:

Eine Organisation möchte die Zusammenarbeit in hybriden Teams verbessern. Während die Führungsebene bereits Handlungsdruck verspürt, zeigt sich das Team uneinheitlich. Einzelne sehen keinen Anlass zur Veränderung, andere äußern Skepsis, wieder andere stehen vor konkreten Umsetzungshürden.

Statt alle gleich zu adressieren, erlaubt das Transtheoretische Modell eine differenzierte Begleitung entlang der jeweiligen Veränderungsbereitschaft. Für Unentschlossene braucht es gute Information, für Ambivalente vor allem Gespräch und Validierung. Wer bereits vorbereitet ist, benötigt konkrete Unterstützung, während Aktive vor allem durch Feedback und Stabilisierung profitieren. So entsteht ein phasenorientiertes Veränderungsmanagement, das individuelle Ausgangslagen respektiert und kollektive Entwicklung ermöglicht.

Quelle

Prochaska, J. O., & DiClemente, C. C. (1983). Stages and processes of self-change of smoking: Toward an integrative model of change. Journal of Consulting and Clinical Psychology, 51(3), 390-395.